In verschiedenen Diskussionen der letzten Wochen haben wir gemerkt, dass es wichtig ist zu überlegen, auf was für theologischen Grundannahmen wir unser Leben—in der Welt und in der Gemeinde—eigentlich aufbauen. Und wir haben uns einfach noch mal gefragt, was wohl mit diesem geheimnisvollen Begriff ‚Reich Gottes’ gemeint ist. Zur Inspiration haben wir uns daher am 17. und 24. Juni Mitschnitte vom Emergent Forum (eine christliche Konferenz 2007 in Erlangen—kann mir aber vorstellen, dass die Veranstalter den Begriff ‚Konferenz’ vermeiden wollten...;) angehört und darüber diskutiert. Hier die Links zu den mp3s (es handelt sich um Vorträge von Brian McLaren*, betitelt mit 'Everything must change'): Teil 1, Teil 2, Teil 3.
Wir hatten spannende Gespräche und haben es deshalb auch nicht auf die Reihe bekommen, uns alles komplett anzuhören... Wir haben bislang keine wirkliche Blog-Kultur bei Micha Leipzig und auch bei der Micha-Initiative generell (muss vielleicht auch nicht sein), aber gerade weil unsere Diskussionen sehr kontrovers waren, könnten unterschiedliche Kommentare zum Thema ganz spannend sein...
*Wie man beim Hören merken wird, geht es hier nicht um den klassischen US-amerikanischen Christenguru, dessen Weisheit unbedingt auch in andere Teile der Welt getragen werden muss. Das Emergent Forum war Berichten nach tatsächlich in erster Linie ein Ort des Austausches—auch für die Redner...
Weniger ein Kommentar, als ne Zusammenfassung angeschnittener Punkte, die mich persönlich angesprochen haben...
AntwortenLöschenIst das Reich Gottes nicht das, was erst nach dem Tod losgeht? Geht diese Welt hier nicht sowieso zu Grunde? Ist es für uns als Christen nicht in erster Linie Aufgabe, Menschen auf ihre Verlorenheit ohne Gott hinzuweisen und ihnen den Weg zur Rettung zu zeigen—damit sie auch mal im Reich Gottes sein werden, nach ihrem Tod? Alles rhetorische Fragen, die einem geläufig sind, wenn man in Gruppen und Gemeinden verkehrt, die sich evangelikal nennen... Die Micha-Initiative eint mit vielen anderen Bewegungen im evangelikalen Spektrum, wie etwa der Emerging Church Bewegung, der Drang danach, solche Aussagen noch mal neu im Licht der Bibel zu prüfen. Denn es geht ja eben gerade nicht darum, sich der Welt anzupassen, auch wenn manche Christen der Meinung sind, dass einen soziales und politisches Engagement ganz unvermeidlich ‚liberaler’ oder ‚weltlicher’ macht... Es geht auch nicht darum, Jesus nur noch als Vorbild und nicht mehr als Retter zu sehen, wie es zum Beispiel die Anhänger des ‚sozialen Evangeliums’ getan haben. Nein, es geht darum, beides—das ‚Soziale’ und das ‚Geistliche’—zusammenzuhalten oder besser: zu entdecken, dass es gar nicht getrennt voneinander geht. Ist es nicht zum Beispiel pervers, wenn wir auf Grundlage des Verses, in dem Jesus sagt, dass es immer Arme geben wird (Matthäus 26, 11; Markus 14, 7; Johannes 12,8), nicht ganz grundsätzlich etwas gegen weltweite Armut unternehmen wollen und gleichzeitig das Leben in einem reichen Land in vollen Zügen genießen? Ich finde die Idee von Brian McLaren, mal 5. Mose 15 zu lesen, sehr spannend. Denn da wird zum einen darauf verwiesen, dass die von Gott Gesegneten strukturelle Armut nicht akzeptieren sollen, und zum anderen sollen sie aber auch da handeln, wo Armut dann eben doch noch auftaucht—nach Luther die Verse 4, 7 und 8: ‚Es sollte überhaupt kein Armer unter euch sein; denn der HERR wird dich segnen in dem Lande, das dir der HERR, dein Gott, zum Erbe geben wird, [...] Wenn einer deiner Brüder arm ist in irgendeiner Stadt in deinem Lande, das der HERR, dein Gott, dir geben wird, so sollst du dein Herz nicht verhärten und deine Hand nicht zuhalten gegenüber deinem armen Bruder, sondern sollst sie ihm auftun und ihm leihen, soviel er Mangel hat.’
Die Realität der gefallenen Welt sehen und sich trotzdem von ‚dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden’ herausfordern lassen—diese Spannung gilt es auszuhalten. Und eben weil das ein Spannungsfeld ist und weil sich die Herausforderungen, die wir unserer Welt haben, immer wieder wandeln, wird es wohl immer Gesprächsthema bleiben.