Donnerstag, 21. Juni 2007

Wer ist eigentlich Micha?

Micha kennste auch, ge? Jaha, aber der, den wir meinen, hat vor über 2700 Jahren gelebt. Er redete mit dem Anspruch, genau das zu sagen, was Gott beim Anblick seiner Gesellschaft empfand. Nicht nur sanfte Worte. Heute ist jener Prophet der Namensgeber für eine weltweite christliche Kampagne zur Überwindung von Armut. Und in Leipzig gibt es so eine Art Lokalgruppe. Die sich der Evangelischen Allianz verbunden fühlt - wie es auf Bundes- und weltweiter Ebene auch der Fall ist.

Aber zunächst vielleicht noch mal, welche Worte Michas (und für uns als Christen damit gleichzeitig Gottes) den Anstoß gaben für die "Micha-Initiative" (wie sie in Deutschland heißt) bzw. "Micah Challenge" (wie sie die englischsprachige Welt nennt):

"Es ist dir gesagt Mensch, was gut ist und was der Herr von dir will: Recht zu üben und Güte zu lieben und demütig zu gehen vor deinem Gott." (Die Bibel, Micha 6,8)

Zum einen sollen Christen mobilisiert werden, zu beten und praktisch aktiv zu werden. Zum anderen sollen sich Christen zusammen mit anderen, denen Gerechtigkeit ein Anliegen ist für die Bekämpfung von Armut einsetzen. Die Micha-Initiative orientiert sich dabei an den Millenniums-Zielen (MDGs) der Vereinten Nationen, die eine "Halbierung" der Armut bis 2015 vorsehen (Ausgangsjahr ist teilweise 1990 und teilweise 2000).

Wir in Leipzig finden daher drei Dinge sehr wichtig:

:: Gebet - Gott will, dass wir ihm in den Ohren liegen. Und mehr noch, wenn es um die Situation anderer geht. Für diese Welt gibt es keine simplen Lösungen. Das macht Gebet so wichtig. Außerdem glauben wir, dass Gebet auch uns verändert und zeigt, was dran ist...

:: Lebensstil - Wir wollen authentischer werden. Wir wollen überlegen, wie wir mit unserem Konsum und vielen anderen Alltagsentscheidungen zu einer etwas besseren Welt beitragen können. Und das ohne Krampf und Moralismus.

:: Entwicklungspolitik - Die MDGs sollen erreicht werden. Unsere politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträger brauchen nicht nur Gebet, sondern manchmal auch unsere Erinnerung. Außerdem wollen wir generell auch kritisch fragen, wie ungerechte Strukturen verändert werden können.

Zu viel auf einmal? Vielleicht. Auf jeden Fall haben wir angefangen uns alle zwei Wochen zum Beten zu treffen. Für konkrete Länder. Und wir haben angefangen, Gemeinden und christliche Gruppen zu informieren. Ebenso gibt es zarte entwicklungspolitische Anfänge. Ein paar Leute waren bei den G8-Veranstaltungen und das Thema FairTrade beschäftigt uns wie auch die Gemeinden, mit denen wir in Kontakt stehen.

Du bist aus Leipzig und findest das Ganze zumindest interessant? Dann schau einfach mal vorbei. Auch kritische Geister sind überaus willkommen.

Es gibt diesen Spruch von den vielen kleinen Leuten, die das Gesicht der Welt verändern können. Das glauben wir auch. Aber wir glauben zudem an einen großen Gott, der die vielen kleinen Menschen verändern kann. Und immer wieder etwas von seiner neuen Welt preisgibt, an der er eifrig bastelt...

3 Kommentare:

  1. Hallo zusammen,

    scheint so, als wäre ich der erste, der hier seinen Senf dazugibt.
    Es heißt ja, auch kritische Kommentare wären willkommen.
    Mich würde interessieren, wie man als Micha-Initiative zum herrschenden Wirtschaftssystem steht.
    Noam Chomsky stellt ja in seinem Buch "Neue Weltordnungen" für Lateinamerika die These auf, dass die Armut in einem Land um so größer sei, je besser seine Beziehungen zu den USA sind.
    Wenn ich mir da diese Gini-Koeffizient-Weltkarte ansehe... als treuester US-Verbündeter in Südamerika gilt ja Kolumbien - sattes Dunkelrot, könnte passen.
    Ein Dorn im Auge sind den USA die Regierungen von Venezuela und Bolivien - deutlich hellere Farbtöne, das kommt hin.
    Und was Kuba angeht - ach so, das zarte Himmelblau heißt wohl "keine Angaben"... na, das verstehe ich, direkt vor die Nase der USA (Florida) kann man ja nicht einfach sattes Dunkelgrün hinklecksen, das wäre doch irgendwie provokant.
    ;-)

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  2. Hallo Karl,

    vielen Dank für deinen Beitrag. Vielleicht erst mal für jene, die nicht wissen, auf welche Karte du dich beziehst: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:World_Map_Gini_coefficient.png
    Hier wird versucht den Gini-Koeffizienten (http://de.wikipedia.org/wiki/Gini-Koeffizient) kartographisch darzustellen. Er zeigt an, wie (un)gleich Einkommen und Vermögen auf Individuen innerhalb eines Landes verteilt sind - die Zahlen bewegen sich zwischen 0 (totale Gleichheit) und 1 (maximale Ungleichheit)...

    Wie steht nun die Micha-Initiative zum weltweiten Wirtschaftssystem?

    Zu den "Core Values" der internationalen Micah Challenge zählen folgende Punkte:

    "Committed to working with those living in poverty:

    We affirm the worth of each individual, especially those men and women, girls and boys who live in poverty, whatever their gender, ethnicity, race, religion or social status.

    Committed to Justice:

    We recognise that God requires his people to live in a way that reflects his standards of justice, which include speaking and acting with and on behalf of poor women and men, boys and girls."

    Ich würde sagen, dass manche diese Verpflichtung auch als Basis nehmen, die gegenwärtigen weltwirtschaftlichen Strukturen gänzlich in Frage zu stellen. Einige sind der Meinung, dass es notwendig ist, lediglich einige Korrekturen vorzunehmen. Ein klassisches Beispiel sind dabei Fragen des Welthandels und dabei wiederum vor allem der WTO-Bestimmungen. Während Entwicklungsländer in den vergangenen Jahren immer mehr Importzölle abbauen mussten und so ihre Märkte für den Norden geöffnet haben, haben sich die Industrienationen bzw. Wirtschaftsunionen wie die EU nur zu einigen symbolischen Handlungen hinreißen lassen. Es bleibt unheimlich schwierig für Entwicklungsländer, in breitem Maße Zugang zu nördlichen Märkten zu finden. Abgesehen von Zöllen kommen da ganz massiv noch die sogenannten nicht "nicht-tarifären" Handelshemmnisse hinzu. Das sind Subventionen oder auch Qualitätsstandards (bei uns zum Beispiel DIN). Änderungen hier wären also komplexer Natur... Diese Situation führt dann zur paradox erscheinenden Forderung von Entwicklungsländern, den Welthandel konsequenter zu liberalisieren (also in diesem Fall zu ihrem Vorteil)... Wäre das dann eine andere Weltwirtschaftsordnung?

    Nach meiner Meinung positioniert sich die Micha-Initiative hier nicht ganz so klar. Es wird deutliche Kritik geäußert, aber es wird kein konkretes alternatives Modell beschrieben... Will sagen: Viele Micha-Vertreter werden individuell sicher für die ein oder andere Ideen stehen, aber eine "offizielle" Variante, die Micha vertritt, gibt es scheinbar (noch) nicht...

    Was man noch diskutieren könnte, wäre die Frage, inwiefern eine Unterstützung der Millennium-Entwicklungsziele den weltweiten Status Quo indirekt festigt... Kritiker behaupten das zumindest. Eine recht radikale Position vertritt dabei der ägyptische Dritte-Welt-Aktivist Samir Amin: http://www.monthlyreview.org/0306amin.htm
    Seines Erachtens sind die MDGs die nette Verpackung einer neo-liberalen Dogmatisierung der gesamten Welt...

    Okay, an dieser Stelle mal stop. Trotzdem spannendes Thema, bei dem ich persönlich immer noch keine wirkliche Meinung gefunden habe. Danke Karl. Weitere Beiträge höchst willkommen!

    Alex

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  3. ein etwas differenzierterer artikel zu den MDGs allgemein, der auch auf globale strukturen eingeht, ist folgender vom deutschen entwicklungsexperten franz nuscheler:

    http://www.ageg.de/news-events/MDGs%20_Grosser_Wurf_oder_Kurieren_an_Symptomen.pdf

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